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Der Krieg der KI-Browser

  • Nik Thomi
  • 27. Okt.
  • 3 Min. Lesezeit
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Bild: Nano Banana


Darum geht es

Im Rennen um die Kontrolle des Surfverhaltens der User haben die grossen KI-Player ihre eigenen Browser aufs Spielfeld geschickt. Neben Comet von Perplexity und Googles Chrome mit integriertem Sprachmodell Google Gemini hat nun auch der ChatGPT-Entwickler OpenAI mit Atlas einen KI-Browser lanciert.


Diese Browser zeichnen sich dadurch aus, dass ein Sprachmodell (ChatGPT, Gemini etc.) fix integriert ist und sie zugleich agentische Aufgaben übernehmen können — also nicht nur auf Fragen antworten, sondern Handlungen selbsttätig ausführen («agentisch»).


Beispiele:

  • Texte und Artikel automatisch zusammenfassen – direkt auf der jeweiligen Webseite.

  • YouTube-Videos analysieren und zusammenfassen, ohne sie vollständig ansehen zu müssen.

  • Offene Tabs automatisch sortieren, gruppieren oder schliessen, wenn sie thematisch zusammengehören.

  • Fragen direkt auf Webseiten beantworten, etwa zu Begriffen, Zahlen oder Quellen.

  • Produkte vergleichen und Preisempfehlungen beim Online-Shopping anzeigen.

  • Informationen aus mehreren Quellen/offenen Browserfenstern bündeln und übersichtlich zusammenstellen.

  • E-Mails, Kalender und Dokumente verknüpfen – z. B. über Google Mail, Google Drive oder Google Kalender.

  • Termine, Aufgaben und Notizen automatisch erkennen und vorschlagen.

  • Texte schreiben, umformulieren oder übersetzen, direkt im Browser.

  • Kontext über mehrere Sitzungen hinweg speichern, um laufende Recherchen fortzusetzen.

  • Einfachere Aufgaben auf verbundenen Plattformen übernehmen, wenn der Nutzer eingeloggt und die Verbindung erlaubt ist – etwa Online-Formulare ausfüllen oder einfache Buchungsschritte ausführen.


Hier ausprobieren (bitte keine ):

  • Atlas (aktuell nur für MacOS verfügbar)

  • Perplexity

  • Chrome (Gemini in der Schweiz noch nicht integriert, Stand 27.10.2025)



Unsere Meinung

Mit der Veröffentlichung von KI-Browsern verschiebt sich der Wettkampf zwischen den KI-Anbietern: Es geht längst nicht mehr nur um Chatbots oder Suchmaschinen. Jetzt geht es um die Vorherrschaft über den Browser – das Tor, durch das wir alle ins Internet treten.


Aktuell dominiert Google Chrome mit einer Verbreitung von über 70% den Markt. Die Chancen stehen jedoch gut, dass dank der KI-Browser die Karten neu gemischt werden. Es wird sich zeigen, welche Verbundenheit der User grösser ist – diejenige zum Browser oder diejenige zum Sprachmodell. Wird ein ChatGPT-Nutzer zu Google Gemini wechseln, nur damit er weiterhin mit Chrome im Internet surfen kann, oder wird er den Browser wechseln, damit er weiterhin ChatGPT nutzen kann. Fakt ist: Wer den Standard-Browser eines Nutzers kontrolliert – ob auf dem Smartphone oder Desktop – kontrolliert im Grunde dessen gesamtes Online-Verhalten. Mit KI noch viel mehr als ohne.

 

Diese Entwicklung ist faszinierend – und zugleich hochproblematisch. Ein KI-Browser weiss sehr viel mehr über uns als ein herkömmlicher: Logindaten, Chat-Verläufe, Interessen, Kontakte. Um personalisierte Ergebnisse liefern zu können, muss er tief in unsere digitale Identität eintauchen. Atlas verfügt gar über ein Gedächtnis, das das Surfverhalten des Users minuziös speichern kann. Damit wächst nicht nur der Komfort, sondern auch die Abhängigkeit – und das Risiko.

 

Gleichzeitig steigt die Gefahr von Manipulation und Missbrauch. Erste Tests zeigten, dass KI-Browser über versteckte Anweisungen in Websites oder Kommentaren (so genannten Prompt Injections) getäuscht werden können (siehe Video unten). Ein Text (z. B. auf einer Webseite, in einer E-Mail oder in einem Dokument) enthält versteckte Anweisungen, die ein KI-System beim Lesen missversteht als legitimen Befehl – und dann Dinge tut, die gar nicht vom eigentlichen Nutzer kommen. Das zeigt, wie leicht ein KI-Browser fremdgesteuert werden kann, wenn er nicht mehr zwischen legitimen Befehlen und Angriffen unterscheidet.

 

Wo all diese Daten landen, ist ebenso unklar. Die grossen KI-Firmen hosten ihre Server in den USA – europäische oder Schweizer Nutzer haben kaum Kontrolle darüber. Der KI-Browser mag technologisch mächtig sein – datenschutzrechtlich und sicherheitstechnisch bleibt er ein Risiko. Jeder muss selbst entscheiden, wie viel Kontrolle er abgeben will – und wem.



 
 
 

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